Beten bedeutet für uns… bei Gott sein…

…Herz und Sinn auf Gott hin ausrichten in Lob, Dank und Bitte. Aber auch in der Betrachtung der Heilstaten Gottes in der Schöpfung, in der Geschichte der Menschen, in der unserer Gemeinschaft und in unserer persönlichen Geschichte. Das geschieht ganz konkret beim Stundengebet. Immer wieder aber erheben wir das Herz zu Gott im stillen Verweilen bei und vor ihm, in den zwei Stunden des Inneren Gebetes.

Diese Stunden, eine am Morgen und eine am Abend, üben uns ein, den ganzen Tag, auch während der Arbeit im Bewusstsein der Gegenwart Gottes zu bleiben, im Glauben daran, dass sein Blick beständig in Liebe auf uns gerichtet ist. Die hl. Teresa, unsere Ordensgründerin, schildert sehr anschaulich die Großartigkeit unserer inneren Welt. Sie ermutigt uns, in unser Inneres hineinzugehen, das so schön ist wie ein kostbarer Kristall oder eine Burg mit vielen Gemächern. Damit wir jedoch wirklich dahin gelangen, in diese unsere innere Welt einzutreten, sind die Zeiten des Schweigens und der Stille so wesentlich für unser Leben.

Teresa wird nicht müde zu zeigen, dass wir Innwendig nicht leer sind. In unserem Inneren gibt es Weite und Tiefe und in unserem tiefsten Inneren wohnt Gott selbst. Gerade das macht unsere Würde aus, dass wir befähigt sind, mit Gott selbst in unserem Inneren Austausch zu pflegen, Ihm Aufmerksamkeit zu schenken, Ihn anzuschauen, woran Teresa uns immer wieder gerne erinnert, und hier im Inneren ganz einfach bei Ihm zu sein.

Wen suchst du?

Was ist für uns Karmelitinnen so unbedingt wichtig, warum leben wir hier in der Klausur eines Klosters? Wem jagen wir nach? Hast Du schon einmal mit Aufmerksamkeit die liturgischen Texte zu Fronleichnam gehört oder gelesen? Oder vielleicht die in den Weihnachtstagen? Da heißt es immer wieder: „Der einziggeborene Sohn Gottes nahm unsere Natur an, weil er uns Anteil geben wollte an seiner Gottheit.“ Diese Aussage, dass wir Anteil bekommen sollen am Leben Gottes selbst - findest Du nicht auch, dass das eigentlich eine ungeheuerliche Behauptung ist? 

Vor einigen Jahren war eine Gruppe von Studenten und Studentinnen bei uns im Sprechzimmer, um einiges über das Leben im Karmel zu hören. Ich erzählte ihnen, dass gerade das unsere große Sehnsucht ist, nämlich, zur Vereinigung mit Gott, zur Teilhabe am Leben Gottes zu gelangen. Darüber waren diese interessierten jungen Leute sehr erstaunt und meinten, das hätten sie doch noch nie gehört und davon stünde doch nichts in der Hl. Schrift. Sehr überrascht waren sie, als wir dann gemeinsam einige Texte lasen, wo auch davon die Rede ist. Im 2. Petrusbrief 1,4 z. Bsp. steht eindeutig, dass wir „an der göttlichen Natur Anteil erhalten sollen.“ 

Tatsächlich ist es ja so, das finden wir ja auch, diese Aussage ist so grandios, übersteigt unseren Erfahrungshorizont so sehr, dass wir sie einfach hinnehmen wie andere abstrakte Theorien auch, die uns nicht weiter berühren. Nun ist aber gerade das, nämlich die Teilhabe am Leben Gottes, unsere eigentliche Bestimmung. Wir sind als Menschen Lebewesen, die sich von Anfang an nicht im Zustand der reinen Natur befinden, sondern sind dazu bestimmt, zur Übernatur, nämlich zur Teilhabe am göttlichen Leben zu gelangen. Gregor von Nazianz drückt das kurz so aus: „Der Mensch ist ein der Vergöttlichung fähiges Lebewesen.“  

Hier einige Zeugnisse der Schwestern unseres Karmel über das Gebet  

…Gebet ist für mich zuerst einmal die Liebesbeziehung mit Gott in Jesus Christus, die mein ganzes Leben durchdringt. Spontan/im Alltag bedeutet das Gebet für mich, dass ich mit dem Herzen bei/in Gott bin. Es ist ein Blickkontakt, ein Herz zu Herz, ein Leben im Atem Gottes.
Ich bemühe mich um diese Beziehung, obwohl ich weiß, dass sie von Gott her aufrechterhalten wird. Ich bemühe mich im Augenblick zu leben und dabei in einer Haltung der Hingabe zu sein - ich weiß, dass so Seine Liebe durch mich fließen kann.
In den stillen Gebetszeiten - die ich besonders schätze - bemühe ich mich in Stille in der Gegenwart des liebenden Gottes zu verweilen. Dazu sind mir die Gebetsschritte, die P. Jalics anleitet, eine große Hilfe. Wenn der Heilige Geist es mir erlaubt sehr tief in die Stille einzutauchen, dann empfinde ich (oft erst im Nachhinein), dass ich sehr tief aus der Quelle des lebendigen Wassers trinken durfte. Manchmal wird eine tiefe Erfahrung der Gegenwart geschenkt, oder eine große Liebe zu Gott und meinen Mitmenschen, die ich sehr lebendig in mir spüre.
Ich spüre, dass in meine Beziehung mit Gott mein ganzer Leib mit eingeschlossen ist. Um wach und aufmerksam dasein zu können, brauche ich genügend Zeiten der Entspannung, Gymnastik und regelmäßig Bewegung an frischer Luft. Auch das Lesen der hl. Schrift vertieft meine Beziehung zu Jesus Christus und  mein Gebetsleben.

…Gebet ist für mich das Durchatmen der Seele. Der Fisch erstickt, wenn er nicht mehr im Wasser ist. Das natürliche Mich-bewegen in der Liebe Gottes habe ich durch die Ursünde verloren, aber ich will mich immer wieder hinein-glauben, dass es mir zum Habitus wird. Aus dieser Liebesbeziehung lebt auch mein mündliches Beten.

Gebet ist für mich…

…reden mit Gott, dem ich alles erzählen kann.

…stellvertretend Eintreten für andere, Fürbitte halten, indem ich sie ins Herz Gottes lege

…auf Ihn schauen und mich von Ihm anschauen lassen, bei Ihm ausruhen, auftanken.

…sein Wort auf mich wirken lassen.

…Loslassen, mich fallen lassen – hinein in die Arme Gottes.