Die Rubrica Prima
Foto: Ikone des Elias in einer Grotte auf dem Berg Karmel
Nach seiner Entstehung hat der Orden in einem schwierigen Selbstfindungsprozess um sein Selbstverständnis gerungen. Er hatte keinen Gründer, der maßgeblich wirkte und das Ganze trug, deshalb musste er um die eigene Existenzberechtigung an höchster kirchlicher Stelle ringen, denn die Westkirche kannte im Unterschied zur Ostkirche nur Orden mit einem eigenen Stifter. Um hier Einheitlichkeit und Verständnis zu ermöglichen, wurde bereits im 13. Jahrhundert eine offizielle Stellungnahme verfasst. So heißt es in diesem Dokument:
„Wir erklären und beschwören, dass ohne jeden Zweifel seit der Zeit, da die Propheten Elija und Elischa in frommem Wandel auf dem Berg Karmel lebten, heilige Väter sowohl des Alten als auch des Neuen Testaments, welche die Kontemplation himmlischer Dinge in die Einsamkeit desselben Berges zog, dort bei der Elijas-Quelle in heiliger Buße ununterbrochen und erfolgreich ein erbauliches Leben geführt haben.
Ihre Nachfolger waren es, die AIbertus, der Patriarch von Jerusalem, zur Zeit Innozenz' III., zu einer Gemeinschaft zusammenfasste, indem er ihnen eine Regel gab, welche Honorius, der Nachfolger Innozenz', und viele andere Päpste nach ihm, durch ihre Schreiben sehr ehrfürchtig bestätigten und so diesen Orden approbierten. Indem wir auf diese Regel Profess ablegen, dienen wir ,ihre Nachfolger, in verschiedenen Teilen der Welt dem Herrn, bis auf den heutigen Tag.“
Dieser Text beinhaltet die erste offizielle Selbstdarstellung des Ordens, die 1281 auf dem Generalkapitel von London den ersten Konstitutionen des Ordens vorangestellt wurde.
Sie belegt das Selbstverständnis des Ordens der Frühzeit: Die ersten Karmeliten verstanden sich als Nachfolger derer, die im Alten und Neuen Testament, d. h. im Judentum - und hier war es vor allem der Prophet Elija - und Christentum, auf dem Berg Karmel an der Elija-Quelle ein Leben der Buße und Kontemplation führten.
Da mit den "Vätern des Neuen Testamentes" auf diesem Berg die ersten christlichen Mönche und Eremiten gemeint waren, d.h. aber orthodoxe, wird hierin die Bindung an sie ausgesprochen. Koexistenz mit ihnen, nicht Abgrenzung ist hier formuliert.